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Thermik und Konvektion

Thermik und Konvektion unterscheiden sich in ihrem Gesamterscheinungsbild als auch in der Größenordnung ihrer horizontalen und vertikalen Erstreckung.

  • Thermik ist die aufwärts gerichtete Strömung erwärmter Luft,
  • Konvektion das Aufsteigen erwärmter Luft bei gleichzeitigem Absinken kälterer Luft in der Umgebung (kompensierender Absinkvorgang).

Thermik ist also ein Teilaspekt der gesamtheitlichen Konvektion. Thermik entsteht durch die unterschiedlich starke Erwärmung der unmittelbar am Boden aufliegenden Luftschicht. Sie wird ausgelöst durch die Entwicklung und Ablösung von Warmluftblasen (Thermikblasen) über dem stärker erwärmten, inhomogenen Untergrund. In diesen Blasen hat die Luft eine geringere Dichte als in der Umgebung, ist also leichter, bekommt dadurch Auftrieb und steigt auf. Die Luftblase steigt so lange, bis sie infolge adiabatischer Abkühlung die Temperatur der Umgebungsluft erreicht hat. In zeitlichem Abstand folgt der ersten Warmluftblase oft die nächste. Sie hat häufig eine größere Aufstiegsgeschwindigkeit und holt dann die Schleppe der ersten Blase ein. Aus kleinsten Anfängen in der bodennahen Luftschicht, zu sehen ist manchmal ein "flimmern" der Luft, entwickelt sich schließlich im Zuge der fortschreitenden Erwärmung des Erdbodens ein regelrechter Thermikschlauch mit aufsteigender Warmluft, auch Aufwind genannt. Dieser Aufwind kann einen Durchmesser bis zu einigen hundert Metern annehmen und ermöglicht überhaupt erst den uns heute bekannten Segelflug.

 

Thermikzyklus

 

Den Raum der aufgestiegenen Thermikblase muß nun andere Luft einnehmen. Dazu strömt von allen Seiten kühlere Luft aus der Umgebung zur Basis der aufgestiegenen Blase, wobei wiederum als Ersatz hierfür kältere Luft aus höheren Luftschichten der Umgebung herabsinkt. Ist dieser thermische Kreislauf geschlossen und gut ausgeprägt, wird von Konvektion gesprochen.

Vollzieht sich die Thermik ohne Wolkenbildung, handelt es sich um trockene Thermik oder sog. Blauthermik. Ist die Luft hinreichend feucht, entwickeln sich im oberen Teil der Thermikschläuche Haufenwolken (Thermikwolken, Cumuli), wie man sie an sommerlichen Schönwettertagen besonders nachmittags häufig beobachten kann. Abends lösen sich diese Wolken wieder auf, da mit Abkühlung des Erdbodens die Thermik erlischt. Ist die untere Troposphäre dagegen ausgeprägt feuchtlabil geschichtet, kommt es zu intensiver Konvektion. Es bilden sich blumenkohlartig aufquellende Konvektionswolken bis hin zur Gewitterwolke (Cumulonimbus) von etlichen Kilometern Mächtigkeit.

So eng die Thermik manchmal auch ist, so breitflächig ist oft die andere Seite der Thermik, d.h. die absinkende kältere Luft aus höheren Luftschichten (kompensierender Absinkvorgang) zur Vervollständigung der Konvektion. Jedem Segelflieger ist derlei hinreichend als "Saufen" bekannt.  

 

Auslösetemperatur

Auslösetemperatur bezeichnet die Temperatur, welche die Luft an sonnigen Tagen in 2 m Höhe über Grund, d.h. am Erdboden im meteorologischen Sinne, erreichen muß, damit sie allein aufgrund ihrer geringeren Dichte (im Vergleich zur Umgebungsluft) bis zum Kondensationsniveau aufsteigen kann. Das Kondensationsniveau ist dabei also die Höhe, bei der die Quellwolkenbildung (Cumulus humilis) beginnt. In diesem Falle spricht man vom Niveau der freien bzw. Cumuluskondensation (verwandter Begriff: Hebungskondensation). Kondensation setzt aber voraus, daß in den unteren Luftschichten bzw. in Bodennähe genügend Feuchtigkeit vorhanden ist. Bei zu trockener Luftmasse steigt zwar die vom Boden her erwärmte Luft auf, es bilden sich aber keine Wolken (Blauthermik).

Die Auslösetemperatur ist von großer praktischer Bedeutung. Häufig existieren nämlich atmosphärische Schichtungen, die erst dann großflächig konvektiv labil werden, wenn freie Kondensation einsetzt, d.h. also wenn am Erdboden die Auslösetemperatur erreicht wird. Man spricht dann von bedingter Labilität der Luftschichtung. Daher ist die Vorhersage der Auslösetemperatur z.B. für die Vorhersage von Gewitterbildungen ein wichtiger, aber natürlich nicht allein entscheidender Faktor.

Auch für den Segelflug ist die Auslösetemperatur deshalb eine wichtige Wettergröße.

In diesem Zusammenhang ist noch zu bemerken, daß die Luft mit jedem Kilometer weiter in die Alpen hinein durch Abtrocknung weniger feucht wird. Deshalb steigt die Wolkenbasis bei inneralpinen Flügen in Richtung Hochalpen bzw. Alpenhauptkamm immer weiter an. An manchen Tagen kann sich bei südwestlicher Höhenströmung, die zur Abtrocknung führt, und feuchterer nördlicher Bodenströmung auf wenigen Kilometern so eine Basisdifferenz von mehreren hundert Metern bis zu über 1.500 m einstellen.

 

Vertikaler Temperaturgradient

Der vertikaler Temperaturgradient gibt die Temperaturänderung pro 100 m Höhenunterschied an. Er ist normalerweise negativ, die Lufttemperatur nimmt also mit der Höhe ab. Das ergibt sich logischerweise aus der nach oben abnehmenden Luftdichte. Die Temperatur ist wie gesehen das Maß der Energie der Luftteilchen. Infolge der geringen Luftdichte in der Höhe sind nur wenig Luftmoleküle vorhanden, so daß auch das Maß der inneren Energie der Luft mit der Höhe geringer wird: Die Temperatur sinkt. Das Ausmaß dieser Temperaturabnahme kann jedoch sehr unterschiedlich sein und sich u.U. auch in einen Temperaturanstieg umkehren. Meßbar und relevant ist der sog. Umgebungsgradient. Dieser ist ein Maß für die Schichtungsstabilität der Erdatmosphäre.

Der vertikale Temperaturgradient ist nicht zuletzt auch entscheidend für die Stärke der Thermik, denn je stärker die Temperatur mit der Höhe abnimmt, desto leichter und heftiger kann eine vom Boden abgelöste Warmluftblase aufsteigen. Wie schon im Kapitel Adiabasie und Temperaturgradient dargestellt, kann sich eine aufsteigende Warmluftblase um max. 1,0 °C pro 100 m durch Expansion abkühlen (oder ein Kaltluftpaket beim Absteigen erwärmen). Dabei kann eine Warmluftblase nur solange aufsteigen, bis ihre Temperatur gleich ist wie die der Umgebungsluft, sie also beim Aufsteigen durch Abkühlung die Temperatur der Umgebungsluft erreicht. Je größer der Temperaturgradient, desto stärker ist auch die Thermik und desto höher reicht sie.

Zu unterscheiden ist also immer zwischen

  • der Temperaturabnahme der Atmosphäre (Schichtungszustand labil, indifferent, stabil)
  • der Temperaturabnahme der aufsteigenden Warmluftblase.

Weitere Einzelheiten zum vertikalen Temperaturgradienten stehen im Kapitel Temperaturgradient.

 

Thermikblase

Die Thermikblase

Damit sich überhaupt ein Aufwind entwickeln kann, ist neben einer hinreichenden Labilität der Luftschichtung eine genügende Erwärmung des Erdbodens erforderlich. Im Kapitel Strahlung ist dargestellt, daß die Erwärmung der Luft nicht direkt durch die Sonnenstrahlung erfolgt, sondern indirekt von der Erdoberfläche ausgeht. Je nach Absorptionsrate des Untergrundes wird dabei mehr oder weniger kurzwellige Sonnenstrahlung in langwellige (fühlbare) Wärmestrahlung umgewandelt, welche dann die Luft erwärmt.

Je nach Jahrezeit, der Oberflächengestalt und der Bodenart erwärmt sich die Erdoberfläche bei Sonneneinstrahlung unterschiedlich schnell und intensiv. An günstigen Stellen (Weinberge, felsige Südhänge, trockene Getreidefelder, trockener Sand und dgl.) kann sich die  Luft so stark erwärmen, daß sich in einem bodennahen Bereich von meist nur 20 bis 50 m, maximal bis einige 100 m über Grund, ein überadiabatischer Temperaturgradient ausbildet, also die Temperatur in dieser Luftschicht mit zunehmender Höhe um mehr als 1 °C/100 m abnimmt. Damit ist dann eine wesentliche Voraussetzung für die Bildung von Warmluftblasen (Thermikblasen) geschaffen.

Thermikablösung

Die Luft in diesen Thermikblasen ist also wärmer, d.h. weniger dicht und damit leichter als die Umgebungsluft. Für seinen Aufstieg benötigt das erwärmte Luftpaket - außer einem Ablöseimpuls - eine ausreichende Temperatur. Das Aufsteigen der Luft erfolgt dabei blasenförmig. Die aufgeheizte Luft "haftet" zunächst als dünne Schicht am Boden, bevor die heiße Luftschicht mächtig genug geworden ist, um eine Blase zu formen und abrupt aufzusteigen. Sorgt nicht der Wind als Impuls für eine Ablösung der Warmluftblase, geschieht dies durch eben diese überadiabatische Erwärmung der bodennahen Luftschicht. Die Blase "schnürt" sich dann vom warmen Untergrund ab und beginnt wie ein Heißluftballon zu steigen. Von der Seite strömt kühlere Luft nach. Dieses Einströmen von kühlerer Luft an die Stelle, wo gerade noch die wärmere Luft war, führt zu einer plötzlichen aufkommenden Windzunahme und markanten Richtungsänderungen des Bodenwindes, der zugleich böig wird. Es können sich dabei sogar kleine Windhosen (Staubteufel) bilden, meist dann, wenn die überadiabatische Erwärmung sehr groß ist, was im Sommer bei starker Einstrahlung auf trockenen, dunklen Grund und wenig Wind häufig vorkommt. Eine "Ablösung" ist erfolgt, woraus ein thermischer Aufwind entsteht. Häufig wird dieser Vorgang auch als "Sonnenböigkeit" bezeichnet. Der Ablösevorgang kann einige Minuten anhalten bis genügend Luft nachgeströmt ist und der Prozeß der Bildung einer Thermikblase von vorn beginnt.

Thermikschlauch (Typ Weizenbier)

Diesen Vorgang zeigt die Bildfolge links und die Abbildung ganz oben rechts.

Die Ablösung einer Thermikblase erfolgt, wenn ihre Temperatur um etwa 2 - 4 °C höher liegt, als die der Umgebungsluft und bzw. oder ein mechanischer Anstoß erfolgt. Zur Thermikentwicklung ist somit neben dem überadiabatischen Gradienten noch ein weiterer wesentlicher Faktor notwendig: Der Ablöseimpuls. Luft hat nämlich die Eigenheit, am Boden quasi festzukleben. Sie benötigt deshalb i.d.R. einen äußeren Impuls, um sich ablösen zu können und aufzusteigen. Häufig ist das eine Abrißkante, d.h. eine Stelle im Gelände, welche die Thermikblase zwingt, sich vom Boden zu lösen. Das können Waldränder, eine Baum- oder Buschreihe, ein Fluß oder ein Seeufer, wo die Luft kälter ist, eine Windbö, ein heranziehender Wolkenschatten oder auch die Verwirbelung der Luft durch ein vorbeifahrendes Auto sein. Selbst ein kreisendes Segelflugzeug kann so u.U. die Thermik "ankurbeln". Sogar ein Flugzeug, das in eine Thermikblase hinein landet oder startet, kann die Ablösung bewirken. Der sog. "Windenbart" ist insoweit legendär.

Doch wie kommt es zur überadiabatischen Erwärmung?

Angenommen in 1.000 m Höhe herrscht eine Temperatur von +10 °C. Die darunterliegende Luftschicht hat sich über Nacht abgekühlt, wird aber tags von der Sonne stark aufgeheizt. Damit sind aber der Erwärmung der unteren Luftschicht enge Grenzen gesetzt. Wird nun die Luft am Boden auf 17 °C erwärmt und löst sich ab, würde die aufsteigende Warmluftblase sich beim Aufsteigen trockenadiabatisch um 1 K pro 100 m abkühlen und folglich mit 7 °C in 1.000 m ankommen. Dann wäre sie aber in unserem Beispiel kälter als die Umgebungsluft (10 °C), damit schwerer und müßte wieder absinken. Eine solche stabile Luftschichtung begünstigt dehalb die weitere Aufheizung, weil die Luft am Boden liegende nicht genügend aufsteigen kann und somit von der Sonne stetig weiter aufgeheizt wird. Erreicht die Temperatur der Luftschicht am Boden jedoch 21 °C, wird die aufsteigende Warmluftblase in 1.000 m Höhe noch eine Temperatur von 11 °C haben, wäre wärmer und leichter als die Umgebungsluft. Sie könnte daher weiter aufsteigen. Durch das damit einsetzende stetige Aufsteigen von Luftblasen wird Wärme vom Boden in höhere Luftschichten abtransportiert. Dadurch stagniert die Erwärmung am Boden. Tatsächlich kann der angenommene Wert von 17 °C Erwärmung am Boden deutlich überschritten werden. In unserem vorigen Beispiel soll sich also die bodennahe Luft auf 24 °C erwärmen. Nun kommt die Luft in 1.000 m Höhe mit 14 °C an und kann weiter aufsteigen. Diese 4 Grad "zuviel" sind damit der Betrag der überadiabatischen Erwärmung.

Mit dieser Animation kann das leicht untersucht werden.

Die überadiabatische Erwärmung ist übrigens nicht grenzenlos. Bei 3,5 bis max. 4 Grad Temperaturüberschuß wird sich ein Warmluftpaket immer vom Boden ablösen, da eine so starke Erwärmung immer auch das bodennahe Heranführen kühlerer Umgebungsluft bewirkt. Diese unterschneidet quasi das Warmluftpaket. Löst sich das Warmluftpaket vom Boden ab, kühlt es sich zunächst trockenadiabatisch um 1 °C/100 m ab. Bei einem Temperaturüberschuß von 3 - 4 Grad kann die Thermik eine gute Arbeitshöhe ereichen, sofern der aktuelle vertikale Temperaturgradient nicht zu gering und wenn die Luft nicht zu feucht ist, so daß deswegen frühzeitig Wolkenbildung (Kondensation) einsetzt.

Die überadiabatische Erwärmung erreicht in der üblichen Meßhöhe von 2 m häufig die erwähnten Werte von 4, seltener von 5 K oder mehr gegenüber dem trockenadiabatischen Gradient, nimmt aber zum Erdboden hin sogar noch deutlich zu. In über 2 m Höhe nimmt sie rasch ab und erreicht schon wenige 10 m über Grund nahezu 0. Auf Temp-Diagrammen ist die überadiabatische Erwärmung leicht zu erkennen - die Temperaturkurve macht am Boden einen Knick und steigt abrupt um wenige Grad an.

 

Thermikschlauch, durch Rauch gekennzeichnet

Der Temp

Die richtige Deutung der Radiosonden-Diagramme (Temps) erfordert ein wenig Einarbeitung und Übung. Gleichzeitig sind die Temps aber nach wie vor eine gute Möglichkeit, die aktuelle Luftschichtung (mit allen thermikrelevanten Einzelgrößen) zu erkennen. Thermikpiloten sollten sich deshalb die Zeit nehmen und sich durch den anfänglich etwas "trockenen" Stoff zu arbeiten. Als Lohn gibt es dafür ein besseres Verständnis der Zusammenhänge zwischen Temperatur, Druck und Feuchte (also der maßgeblichen Einflußgrößen bei der Thermikbildung).

Zum weiteren Selbststudium der Erstellung und Analyse von Temp-Diagrammen einige Links:

 

Auf die besonderen Möglichkeiten des DWD-Angebots von pc_met bzw. TOPTHERM soll hier nur hingewiesen werden.

pc-met Homepage

Uni Wyoming,
Westwind
,
Wetteronline

Abruf von Temps (Meßwerte der aktuellen Luftschichtung); Thermik-Parameter mit Höhenwind (kn). Bei Uni Wyoming und Westwind können im Archiv auch frühere Temps abgerufen werden (Datum oben eingeben)

Vorhersage-Tool

Gutes und sehr anschauliches Vorhersagewerkzeug des GFS-Wettermodells der NOAA, das Vorschau-Tempkurven und Windkarten (Windgram) im Höhen- und Zeitverlauf für jeden Ort der Erde erzeugt.

RASP-Deutschland,
RASP-Alpen

RASP ist ein kleinmaschges Vorhersagesystem des Segelflugwetters für Deutschland und die Alpen (Thermik-Vorschau)

 

 

 

Staubteufel in Krakau/Polen

Thermikbildung

Bereits Mitte/Ende Februar kann sich bei uns der Erdboden tagsüber soweit erwärmen, daß ein geringer Temperaturüberschuß von etwa 0,5 - 1 °C erreicht wird. Abhängig von der aktuellen Schichtung (Labilität) kann das schon im zeitigen Frühjahr für eine erste zaghafte, aber durchaus nutzbare Thermikentwicklung sogar im Flachland ausreichen, wenn der Boden nicht von Schnee bedeckt oder vollständig durchnässt ist. Ab Mitte März wird oft schon ein Temperaturüberschuß von teilweise mehr als 1 Grad, im April sogar von 2 - 2,5 Grad und ab Anfang Mai von 2,5 - 3 Grad erreicht. Den größten Betrag erreicht die bodennahe überadiabatische Erwärmung zum Sonnenhöchststand Mitte Juni mit etwas über 3 Grad. In sonnenreichen Hitzejahren kann dieser Wert auf über 3,5 Grad steigen. Aberauch über größeren Städten oder ausgedehnten Industriegebieten kann es zur außergewöhnlichen überadiabatischen Erwärmung der bodennahen Luftschicht (Stadteffekt) kommen.

Im Herbst nimmt die Bodenerwärmung mit dem Sonnenstand wieder ab und es bedarf immer größerer Labilität, um die auch in der Anzahl weniger werdenden Warmluftpakete noch selbständig auslösen zu können.

Grundsätzlich kann die bodennahe Erwärmung umso geringer ausfallen, desto eher äußere Impulse für die Ablösung der Warmluftblasen sorgen und/oder je größer die Labilität ist...
... und wenn erst dynamische Hebungen an Fronten vonstatten gehen, geht's auch ohne Warmluftpaket nach oben.

Die bodennahe Erwärmung hängt insbesonders von folgenden Faktoren ab:

  • Untergrund (Stein, Sand, Gras, Wald etc.; eine steinige Wachholderheide auf der Schwäbischen Alb ist "hitziger" als eine tiefgründige Weide im Allgäu; vgl. Albedo-Werte im Kapitel Strahlung)
  • Beschaffenheit (trocken ist besser als naß)
  • Vegetation (große versiegelte Flächen ohne Vegetation, z.B. Parkplätze, Industrie- oder Gewerbegebiete, heizen sich stärker auf als z.B. Waldflächen)
  • Einstrahlung (Abschirmung, diffuse Strahlung)
  • Wind (umso stärker der Bodenwind, desto stärker ist die Durchmischung der bodennahen Luftschichten und desto schlechter ist die Erwärmung).

Anhaltswerte zur Abschätzung der zu erwartenden Thermik können dem herkömmlichen Segelflugwetterbericht entnommen werden. Dieser enthält stets Angaben zum Wind und zur Temperatur in verschiedenen Höhen. Das könnten z.B. folgende Daten sein:

1.000 m: 240/15 kt, 23 °C
2.000 m: 250/20 kt, 17 °C
3.000 m: 250/25 kt, 9 °C
5.000 m: 230/25 kt, 1 °C

Daraus den Temperaturgradient zu berechnen, ist ganz einfach:
Zwischen 1.000 und 2.000 m beträgt die Temperaturdifferenz 7 K (= Differenz von 24 °C zu 17 °C). Das entspricht einem Temp von - 0,7 K/100 m (minus, weil die Temperatur abnimmt). Für die anderen Bereiche geht das entsprechend. Das letzte Höhenband umfaßt 2.000 m, daher Differnz/2. Tabellarisch sieht das dann so aus:

 

1000 - 2000 m

2000 - 3000 m

3000 - 5000 m

Temp
(K/100 m)

- 0,6

- 0,8

- 0,4

Diese Werte reichen für eine grobe Abschätzung der an diesem Tag zu erwartenden Thermik aus. Das Beispiel zeigt einen recht guten Streckenflugtag. In den unteren Höhen bis 3.000 m ist eine ausgeprägte Temperaturabnahme festzustellen. Mit zunehmender Höhe wird es also relativ schnell kalt, was bedeutet, daß die Thermik recht stark sein wird, also gutes Steigen zu erwarten ist. Fast noch wichtiger ist aber der Umstand, daß sich die Abkühlung zwischen 3.000 und 5.000 m deutlich verringert. Das weist auf eine Inversion in diesem Höhenbereich hin. Diese verhindert dann eine Überentwicklung der Cumulusbewölkung. Das wiederum hält die Gewittergefahr gering, so daß insgesamt ein guter Thermiktag ohne Einschränkungen durch Überentwicklung zu erwarten ist. Herrschten in 5.000 m aber nicht + 1 °C, sondern - 9 °C, ergäbe das einen Temp von - 9 K. Damit wäre die Schichtung hochreichend labil, was eine deutliche Gewitterneigung mit sich bringen würde.

Die Thermik kann dann mithilfe der folgenden Faustregeln grob abgeschätzt werden:

Temperaturgradient

Beurteilung

- 0,9 bis -1,0 K

sehr starke Thermik, deswegen auch stärkste Sinkbereiche. Bei so hohen Temp-Werten erfolgt die Thermikablösung sehr schnell, bereits kleinste Blasen lösen sich ab und steigen sehr schnell auf. Extrem bockige Verhältnisse. Für Thermik- und Streckenflüge nur eingeschränkt geeignet. Falls bei diesen Temp-Werten keine Inversion in der Höhe die Thermik begrenzt - oder trockene Luft in der Höhe liegt - besteht hohe Gewittergefahr! Es kann auch zur Ausbreitung der aufsteigenden Cumuli mit weiträumiger Abschirmung kommen, was die weitere Thermikentwicklung erheblich behindert oder beendet.

- 0,6 bis - 0,8 K

gute bis sehr gute Thermik, entsprechend turbulent; gut geeignet für große Strecken.

- 0,4 bis - 0,5 K

leichte Thermik, Mittelgebirge mäßige Thermik; zu gering für große Strecken; gut zur Thermikschulung, da es ist nicht zu turbulent ist.
Bei diesen Temp-Werten dauert es lange, bis sich die Thermikblasen vom Boden lösen. Nach der Ablösung steigen sie langsam auf und ziehen viel aufgewärmte Luft nach, daher einfach zu zentrieren. Ruhige Thermik, neue Blasen kommen aber nur in großem zeitlichem Abstand; Absaufgefahr.

- 0,2 bis - 0,4 K

schwache Thermik; In größerer Höhe ist so ein Temp gut, in Bodennähe ist er schlecht; allenfalls schwache Aufwinde, im Mittelgebirge Hangthermik

0 bis - 0,2 K 0 = Isothermie, ganz schlechte Thermik
> 0 K Inversion, keine Thermik

(gilt im Flachland und im Mittelgebirge vom Boden bis ca. 1500 m über Grund)

 

Die Erfahrung zeigt, daß insoweit eine Temperaturabnahme um 0,7 K/100 m segelfliegerisch regelmäßig zu guten Bedingungen führt. Liegt der Gradient über 0,8 K/100 m, ist die Thermik zwar stark ausgeprägt, die Bärte aber oft recht eng und deswegen teilweise nicht schön zum Fliegen, wenn man als Segelflieger keine steilen Kurven mag.

Ein idealer Temp-Wert für starke und schöne, aber nicht bockige Thermik liegt bei - 0,6 K am Boden, so daß sich genügend oft und genügend starke Warmluftblasen bilden und ablösen können. Steigt der Gradient jedoch kontinuierlich auf Werte von - 0,8 bis - 0,9 ist das für große Strecken optimal, weil dann die Thermikblasen zügig weiter nach oben steigen. Nur sollte dann der Temp-Wert zur Basishöhe hin wieder langsam abnehmen auf ca. - 0,4, damit die aufsteigende Warmluft langsam abgebremst wird, damit die Turbulenzen am Rand der Thermik nicht überhand nehmen. Eine weiter darüber liegende Absinkinversion beendet den Warmluftauftstieg und verhindert dadurch die Entstehung von Gewittern. Trockene Luft in dieser Höhe verhindert, daß sich die Wolken ausbreiten.

Das wäre dann wirklich ein idealer Tag - nicht nur für Segelflieger.
Viel und gute Thermik, nicht zerissen, breit, mit wenig Turbulenzen, oben raus starke Thermik bei hoher Basis.
Das wäre dann einer der seltenen Tage für weite Streckenflüge.

Segelflugstart mit Cumulus humilis Bewölkung

Zur Thermikschulung ist es ruhiger, wenn der Gradient bei - 0,4 bis - 0,5 K, vielleicht noch bis - 0,6 K liegt. Die Thermik ist dann eher breit und nicht zu turbulent, so daß sie gerade von Flugschülern und nicht so geübten Piloten leichter zentriert werden kann. Je geübter der Pilot fliegt, um so eher wird er auch bei größeren Temp-Werte zu befriedigenden Ergebnissen kommen.

Im Gebirge wie den Alpen ist abweichend zu den oben dargestellten Faustregeln zu beachten, daß hier die Einstrahlung am Hang eine homogenere Erwärmung bewirkt. Das ergibt einen Hangaufwind mit einer Mächtigkeit von max. 20 - 30 m über dem Hang, d.h. je dichter am Hang geflogen wird, desto stärker ist das Steigen. Das bedarf aber großer Übung und bester fliegerischer Fertigkeit, da dies ein Fliegen in unmittelbarer Bodennähe darstellt!
Auf die Präsentation "Segelfliegen in den Alpen" wird insoweit verwiesen.
Aufgrund der Hanglage lösen sich die Warmluftpakete eher, da neben großer thermischer Aktivität hier meist auch mehr Störimpulse (Auslöseimpuls) in Form von Graten, Felsen, Gehölz usw. vorhanden sind. Spätestens am Bergkamm steigt die Warmluft dann frei auf, wenn nicht vorher Kondensation eintritt.

Bei Anwendung der Faustregel ist zu beachten, daß in der thermisch aktiven Jahreszeit (ca. März/April - September/Oktober) zwischen Boden und ca. 1.500 m bei voller Sonneneinstrahlung und Hochdruckeinfluß recht häufig ein vertikaler Temperaturgradient von 1,0 K erreicht wird, wenn das Geschehen nicht durch Abschirmungen gestört wird. Diese Luftschicht wird nämlich normalerweise thermisch durchmischt, sofern sie nicht durch Höhenwarmluft oder eben Abschirmungen zu stabil ist. Je stabiler eine Luftmasse ist, desto später wird die Luftschicht vom Boden bis in 1500 m Höhe thermisch durchmischt. Bei stabilen Wetterlagen im Sommer oder bei Einsickern von warmen Luftmassen in der Höhe wird dieser Ablösezeitpunkt somit erst spät erreicht, was zugleich bedeutet, daß die Thermik ihre maximale Arbeithöhe ebenfalls erst später erreicht. Meistens beginnt die Thermik dann recht schwach und spät und steigert sich auch nur langsam.

Überentwicklung

Von Überentwicklung spricht man, wenn die Thermik bei labiler Luftschichtung und hoher Luftfeuchtigkeit zu verstärkter Quellbewölkung führt, die häufig auch zur Ausbreitung tendiert. Damit sind auch schon beide Aspekte der Überentwicklung angesprochen, nämlich

  • die verstärkte Quellwolkenbildung:

auftürmende Cumulus-Wolken

 

Eine Form der Überentwicklung ist die verstärkte Quellwolkenbildung. Gemeint ist damit die teilweise rasant einsetzende und sich vollziehende Entwicklung von Cumuluswolken in die Höhe.

Die Gradienten zeigen eine starke Labilität bis in große Höhen. Bei der entsprechenden Luftfeuchte ist eher über kurz als lang mit Schauern, wenn nicht Gewittern zu rechnen.

  • die Ausbreitung:

Ausbreitung

Die andere Form der Überentwicklung ist die Ausbreitung. Dazu kommt es insbesondere, wenn die Höhenentwicklung der Cumulusbewölkung durch eine Sperrschicht beschränkt, quasi "gedeckelt" ist. Es wird in der Regel eine Isothermie oder Inversion sein, die der Entwicklung der Cumuli in die Höhe ein Ende bereitet. Die Wolken breiten sich nun an diesem "Deckel" aus. Die Abschirmung beendet nun auch die weitere Einstrahlung und damit die Thermik.

Ausbreitungsgradient

 

Die zunehmende Bedeckung schirmt die weitere Sonneneinstrahlung ab, was die bodengebundene Thermik schließlich zum Erliegen bringt. Anderseits kann bei ausreichender Labilität aber eine bereits entstandene Wolke infolge der weiteren Kondensation selbst soviel Wärme und damit Auftriebsenergie freisetzen, daß der Aufwind durch die Wolke selbst am Leben gehalten oder sogar noch verstärkt wird. Die Luft in der Wolke bleibt dann bei der weiteren Hebung stets wärmer als die Umgebungsluft außerhalb der Wolke. Bei entsprechend feucht-labilen Wetterlagen kann die vom Boden ausgehende Hebung (Thermik) so in wolkengebundene Hebung (Feuchtekonvektion) übergehen und damit letztlich auch zur Überentwicklung führen. Das weitere Wolkenwachstums ist dann nicht mehr auf fortdauernde Sonneneinstrahlung angewiesen. Schauer oder Gewitter können sich nunmehr auch bei weitgehender oder vollständiger Bedeckung und damit ohne Sonneneinstrahlung bilden.

Das Ergebnis beider Formen der Überentwicklung ist also jedesmal dasselbe: Die Thermik wird beendet.

Eine Überentwicklung entsteht selten aus nur einem Cumulus heraus, obwohl man auch das schon gesehen hat. Vielmehr sorgt die Labilität zur verstärkten Quellwolkenbildung in der gesamten Luftmasse. Die entstehenden Wolken können sich dabei ausbreiten und zu größeren und mächtigeren Aufwindbereichen formiern, die dann u.U. die noch vorhandenen Sperrschichten durchbrechen können.

Die Ansicht, ein Temperaturgradient über 0,8 K/100 m deute immer auf eine große Gewittergefahr hin, ist zwar nicht unrichtig, bedarf aber der Erläuterung. In der unterern Durchmischungsschicht der Luft bis ca. 1.500 m über Grund kommt dieser Temperaturgradient eher häufig vor, ohne daß jedesmal Gewitter losbrechen würden. Relevant wird diese Aussage aber oberhalb dieser Schicht. Wenn nämlich in dieser Höhe der Temperaturgradient immer noch so hoch ist, also starke Labilität auch in den höheren Bereichen vorherrscht, besteht bei hinreichender Luftfeuchte tatsächlich die Gefahr von Überentwicklungen mit Gewitter. Der Temperaturgradient der Umgebungsluft (nicht die Abnahme der Temperatur in der Thermikblase) kann also unter bestimmten Voraussetzungen auch etwas über 1 K/100 m liegen, wenn etwa durch Zufuhr von kalter Höhenluft bei gleichzeitig warmer Luft am Boden die Atmosphäre labilisiert wird. Maßgeblich ist daher immer das Maß an Labilität, sei es durch einen großen vertikalen Temperaturgradienten oder durch die in feuchter Luft enthaltene Energie, die bei der Kondensation (Kondensationswärme) freigesetzt wird. Bei einer extrem feuchten Luftmasse und geringem vertikalem Temperaturgradienten kann es deshalb ebenso Gewitter geben wie bei einer nur mäßig feuchten Luftmasse, aber sehr labiler Luftschichtung.

Die Gefahr von Überentwicklungen kann mit folgenden Faustregeln grob abgeschätzt werden:

Temperaturgradient  

über 1,0 K

große Gewittergefahr

- 0,9 K

stark erhöhte Gewittergefahr

- 0,8 K

erhöhte Gewitterneigung bei Quellwolkenbildung

- 0,7 K

leichte Gewitterneigung bei Quellwolkenbildung

- 0,6 K und weniger

kaum Gewitterneigung

(gilt für Höhen zwischen 1.500 - 2.500 m und hinreichender Luftfeuchte)

 

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